Ich weiß, ich habe einiges verpasst im Thema Lernen. In der Schule habe ich nur so getan, als ob ich mitmache – eigentlich war ich aber eine Schulverweigerin. Später wollte ich mit Lernen nichts mehr zu tun haben.

Meine Lernnatur geht über Bord

Als Kind war ich sehr an Geschichten interessiert. Ich hörte bei den Erwachsenen zu und ich hörte intensiv Radio. Ich wollte lesen können. In der Schule habe ich dann nur noch schnell gelernt, was es mit den Buchstaben auf sich hat und nach einem halben jahr konnte ich alles lesen, was ich wollte. Ich denke, dass ich mich mit dem hören und beobachten darauf vorbereitet hatte. Und für mich war es damals natürlich, mir Dinge, die ich können wollte, anzueignen. Ich durchlief meine Grundschulzeit als eine gute Schülerin mit guten Zeugnissen. Meinen Spaß fand ich dabei nicht. Als ich dann auf die weiterführende Schule kam, war ich schon gelangweilt und wollte vor allen Dingen gut dastehen, alles richtig machen. Ich nutzte meine schnelle Auffassungsgabe für meine gute Performance: ich nahm Teile des Lernstoffs auf, um damit vorzugeben, dass ich verstanden habe. Mit dieser Strategie schaffte ich nur mit einem Endspurt den Realschulabschluss. Und trat mit der Überzeugung, dass ich nichts gelernt hatte in mein Berufsleben ein.

Die Blenderin

Zeit meines Erwachsenenlebens habe ich mich immer für schlau verkauft. Das mache ich so:

  • Ich gehe davon aus, dass meine Bildung und mein Wissen sehr gering sind.
  • Ich will damit nicht auffallen, da ich fürchte dadurch an Ansehen zu verlieren.
  • Ich setze meinen Geist ein, um mein Gegenüber und mein Umfeld ständig zu scannen. Ich will alles mitbekommen. Wie ein Spion.
  • Das Ausspionierte setze ich dann im Gespräch ein, um mein „Wissen“ zu demonstrieren.
  • Ich werfe dabei Wissensbrocken aus, die mein Gegenüber täuschen sollen.

Ich denke gar nicht erst nach. Wenn ich ein Thema nicht mit einer Herangehensweise (Schematisches Anwendungswissen) lösen kann, die ich kenne, wenn die Lösung nicht gleich auf der Hand liegt…, dann kommt das kann-ich-nicht zum Einsatz. Denn: „Es gibt doch so vieles was ich kann und was ich auch tue. Wenn ich dann (ausnahmsweise) mal etwas nicht kann, dann muss mir jemand anderes die Lösung bringen. Das habe ich doch verdient.“ Ich spioniere, mogele, drücke mich, vermeide, weiche aus, trickse, jammere, bin brav, fleißig und einiges mehr…, damit mein ich-kann-nicht nicht auffällt, und von anderen kompensiert wird. Ich habe mir das selbst denken abgewöhnt. Darum herum habe ich mir mein Leben eingerichtet. Meine praktische Realität sieht dadurch so aus:

  • Ich besitze zwei Fahrräder: bei dem einen geht das Licht und beim anderen die Bremsen. Ich benutze sie, je nach dem welche Funktion mir gerade die wichtigere ist. Fahrrad reparieren ist nichts für mich (kann-ich-nicht)
  • Meine Klospülung geht, wenn der Deckel des Spülkastens ab ist und ich hineingreife um die Spülung auszulösen.
  • Der Verschluss des Spülbeckens in meiner Küche hält nicht mehr – ich spüle in einer Spülwanne.

Wahrscheinlich würde ich noch mehr solche Dysfunktionalitäten finden…, wenn ich noch genauer hinschauen würde. Mein praktisches Leben besteht also aus lauter Flickwerk. Ich bin es nicht gewohnt, mir das Grundlagenwissen anzueignen, welches es für die jeweilige Instandsetzung benötigen würde. Ich bin auch zu bequem dafür. Grundlagenwissen aneignen würde meistens nur bedeuten: ich schaue mir die Sache mal genau an (sprich: ich lerne die Funktionslogik meines Spülkastens kennen). Muss ich gar nicht es „geht“ doch auch so. Inzwischen funktioniert übrigens meine Klospülung. Ich bin ihr entschlossen und mit Beleuchtung auf den Leib gerückt, mit ihr in Kontakt gegangen und habe sie verstanden. Zwei Handgriffe und sie tut´s.

Der Geist ist womöglich willig, aber ich nicht

Wenn ich mich bei meiner Arbeit gemeinsam mit anderen in neue geistige Gefilde vorwage, dann wird es für mich richtig stressig. Wenn ich merke, es kommt ein Thema auf mich zu, welches ich noch nicht kenne, dann ist der Black Out schon da. Aus – Ende im Gelände! Mein Geist steht vor verschlossener Tür: „wie soll ich das denn jetzt machen“, „das ist zu viel“, „eine unlösbare Aufgabe“, „sag mir, wie das geht“, „das-kann-ich-nicht“ – das sind die Gedanken und Äußerungen, die ich in so einem Fall habe. Alles, bevor ich mir das Thema auch nur ein bisschen von Nahem angeschaut habe. Manchmal starre ich auch auf das Thema, ohne etwas davon zu sehen: ich will das die Antwort sich mir präsentiert. Ich will nicht lernen – Ich will es leicht haben!

Natürliches Lernen

Meine Realität kann ich beschreiben, weil ich begonnen habe mein Verhältnis zum Lernen zu untersuchen:  Lernen ist mir also keine Mühe wert. Warum nur? Ich gehe davon aus, dass ich auf einem Lernweg Fehler machen werde und das darf nicht sein. Wenn ich Fehler mache, dann werde ich mein Ansehen bei anderen verlieren. Dann bin ich draußen.

Vor einigen Wochen hat mir ein Basketball Training einen völlig neuen Zugang zum Lernen gegeben. Ich war bis zu diesem Tag davon überzeugt, dass ich mit einem Ball nichts anfangen kann. Jetzt denkst du beim Lesen: ah, hier schreibt eine Frau…! So ist es. Eine Frau, die die Natur des Lernens verstehen will. Also eine halbe Stunde ohne jegliche Einführung mit einem Basketball vor dem Korb. Die Aufgabe: herausfinden, wie ich den Ball in den Korb bekomme, in dem ich auf ihn werfe und mich dabei beobachte, wie ich es tue und welche Wirkung mein Tun hat. Dabei ständig neue Wurfvarianten ausprobieren. In der Reflektion danach: als erstes dachte ich: eine halbe Stunde ohne Pause auf einen Korb werfen, das halte ich nicht durch. Was wirklich geschah: ich hatte Freude und Aufregung. Ich war total mit mir verbunden. Und ich konnte genau sagen welche Schichten von meinem Körper ich beobachtet hatte für meine Wurfverbesserung. Ich hatte viele Treffer erzeugt und einiges gelernt darüber, wie ich einen Ball am besten in einen Korb werfe. Und: ich hatte erlebt, wie viele ekstatische Freudemomente in so einem Lernprozess enthalten sind. Ich war glücklich!

Was wäre, wenn Lernen grundsätzlich so funktioniert

Ich hatte also etwas über die Wurftechnik beim Basketball gelernt und darüber, wie ich es gelernt hatte.

  • Ich habe die Erkundung der Wurftechnik in vielen verschiedenen Teilen meines Körpers beobachtet: was macht dieser Wurf in meiner Hand, in meinem Handgelenk, kleinen Finger, Beinstellung, Fußstellung, Hüften, Ausrichtung der Augen und ….
  • Ich habe viele verschiedene Wurfvarianten ausprobiert.
  • Ich habe mich nicht auf das Treffen (Ziel) konzentriert.
  • Ich habe mein Lernen reflektiert mit einem Lernpartner, von dem ich dadurch noch andere Beobachtungsschichten lernte.

Ich kann diese Art körperliche Dinge zu lernen auf jede andere körperliche Herausforderung übertragen. Da eröffnen sich mir vielfältige Möglichkeiten, die bisher gar nicht für mich in Frage kamen. Dazu auch interessant der Inner Game Ansatz angewendet beim Golf spielen lernen.

Wenn ich auch noch meine neu gefundene Lernlogik auf geistiges Theman übertrage…

Und dazu meine eigene, ganz individuelle, brillante Lernkraft anwende…

Davon werde ich in einem meiner kommenden Blogs berichten.

Und übrigens: Doof gebor´n ist keiner.

 

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